Joanimo,

Wie alles begann

Meine Geschichte mit der Dunkelheit begann während meinem Wehrdienst bei der Bundeswehr. Wir saßen beim Biwak abends ums Feuer, als der Ausbildungsleiter den Befehl gab, das Feuer zu löschen und im Dunkeln weiter zu machen. Wir saßen also im Dunkeln im Wald, aßen noch, redeten und fanden uns ohne jedes Licht zurecht als wir später ins Zelt zum Schlafen gingen.

Manche Leute bekommen ja regelrecht Panik, wenn sie plötzlich im Dunkeln sind. Ich fühle mich dagegen wohl. Ich finde es angenehm, dass man sich automatisch viel bewusster bewegen muss, weil der Sehsinn nicht mehr verwendet werden kann. Auch die Langsamkeit, mit der alles zwangsläufig stattfindet, empfinde ich als sehr wohltuend. 

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass in Dunkelheit bei mir ein Ersatzsinn aktiviert wird. Der Sehsinn kann ja nicht mehr verwendet werden. Stattdessen glaube ich durch die Langsamkeit und das gesteigerte Bewusstsein besser wahrnehmen zu können. Zweimal habe ich die Erfahrung gemacht, dass ich Personen im Dunkeln relativ schnell und direkt gefunden habe, obwohl meine Augen nichts erkennen konnten.

Die Dunkelheit fühlt sich für mich an wie ein alter Freund. Deswegen gefällt mir auch dieses Lied so, das ich hier verlinke:

Das Dunkelretreat

Ich wusste überhaupt nicht, dass es so etwas wie ein Dunkelretreat gibt und konnte mir nichts darunter vorstellen.

Meine damalige Freundin machte mich darauf aufmerksam. Eigentlich suchte sie nach einem Schweigekloster beziehungsweise Schweigeretreat. Auf ihrer Suche ist sie dann auf das Dunkelretreat gestoßen und hat mir davon erzählt. Ich war sofort Feuer und Flamme.

Ich war mir sicher, dass ich das machen möchte. Nach einiger eigener Recherche fand ich ein ansprechendes Angebot, welches ich dann auch buchte.

Angekommen in Lüneburg

Gertrud Niehaus, welche das Retreat mit mir durchführte, holte mich vom Bahnhof in Lüneburg ab.Gemeinsam fuhren wir zu ihrem Wohnort ein paar Kilometer von Lüneburg entfernt. Auf ihrem sehr schön gestalteten Grundstück befand sich eine Blockhütte mit 2 Dunkelräumen.

Der linke Raum wurde zu meinem Zuhause für die nächsten 8 Tage. Er hatte ein kleines Bad mit Dusche, Toilette und Waschbecken und ansonsten ein Bett und viele Kissen und Decken, mit denen ich es mir auch auf dem Boden bequem machen konnte.

Dunkelretreat größer

Während dem Dunkelretreat fastete ich, damit auch der Verdauungstrakt zur Ruhe finden konnte. Gertrud brachte mir 2x täglich Gemüsebrühe, Wasser, Gemüsesaft und Tee.

Zudem kam sie jeden Tag eine Stunde zum Gespräch mit mir. Ich konnte meine Erfahrungen und Erlebnisse in der Dunkelheit mit ihr besprechen. Sie hat schon sehr viel Erfahrung mit Dunkelretreats und hat auch viele anderen wertvollen Erfahrungen gemacht.

Meine Erfahrungen in der Dunkelheit

Meine erste wichtige Erfahrung war, dass der Körper in der Dunkelheit weniger Schlaf braucht.

Das ich weniger schlief lag aber auch daran, dass ich ständig aufs Klo musste. Ganz ohne Impulse von außen war es mir langweilig und Essen gab es ja auch nicht. Somit nahm ich viel mehr Flüssigkeit zu mir als sonst. Am ersten Tag waren es grob geschätzt etwa 8 Liter. Und die wollten auch wieder raus.

Am meisten störte mich nicht, dass es ständig stockdunkel war, sondern es war die Langeweile. Ich schlief nur wenige Stunden pro Nacht und dann war da noch so viel Zeit übrig. Ich machte Yoga und meditierte. Teilweise auch nackt. Mich konnte ja keiner sehen. Ansonsten kuschelte ich mich ein und dachte nach.

Mein allergrößtes Problem war, wie ich die Zahnpasta auf die Zahnbürste bringen sollte. Versuche das mal im dunkeln.

Phänomene

Bereits nach zwei Tagen war das Dunkle nicht mehr stockdunkel. In der Dunkelheit sah ich ständig kleine Lichtblitze. Egal, ob ich die Augen offen oder zu hatte. Das sorgte dafür, dass das Dunkle auch nicht mehr so langweilig war. Ich konnte ja diese kleinen Lichtblitze beobachten.

Ich hatte vorher die Hoffnung, auch verrückte Träume oder andere Visionen zu haben. Aber dazu kam es leider nicht.

Was ich aber erfahren habe, ist eine tiefe Ruhe und ein Herunterfahren meines Systems. Obwohl die Stimme in meinem Kopf wieder Erwarten ihr Geplapper nicht einstellte.

Wieder im Tageslicht

Am achten Tag war ich schon etwas unruhig, wann ich wieder zurück ans Tageslicht komme. Ich hatte nur noch wenig Zeitgefühl. Wenn ich das Fenster zum Lüften öffnete, konnte ich durch die Augenmaske, die ich dabei aufzog, erkennen, wann Tag und wann Nacht war.

Ich öffnete am achten Tag das Fenster einen Spalt und gewöhnte mich langsam wieder an das Licht. Als Gertrud mich dann abholte hatte ich Schwierigkeiten, mich auf den Beinen zu halten. Ich hatte eine Art Schwindelgefühl und die Welt drehte sich leicht. vor allem als ich in Gertruds Haus am Tisch saß, hatte ich das Gefühl, dass der Raum sich dreht.

Als ich bei der Zugfahrt nach Hause das erste Mal auf mein Handy schaute, hatte ich das Gefühl von Übelkeit und musste es erstmal wieder weg packen. Erst langsam gewöhnte sich mein Organismus wieder daran.

Meine Schlussfolgerung ist, das mein Körper sich 8 Tage lang reinigen konnte und dann total von der ungesunden Reizüberflutung des Handys überfordert war, welche unser Kopf ja leider als völlig selbstverständlich akzeptiert hat.

Mehr zu mir kanns du unter “Über mich” erfahren.

Ich freue mich sehr, wenn du in den Kommentaren deine Gedanken zu diesem Artikel oder deine eigene Erfahrung mitteilst!

Genauso freue ich mich, wenn du teilst, was dich bewegt, was in dir resoniert oder was in dir lebendig wird, wenn du diese Zeilen liest. 

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