Kategorie: Ängsten begegnen

I can get no sleep

Ich möchte mit diesem Lied beginnen. Es beschreibt ganz gut, was ich in der Zeit dachte. Wobei ich es unpassend finde, dass man dazu tanzt.

Wie meine Schlafstörung begann

Was meine spirituelle Reise sozusagen ausgelöst hat, was mich dazu gebracht hat, bewusster zu Leben und Dinge zu hinterfragen war eine 3,5-jährige schwere Schlafstörung. Diese hat in der Prüfungsphase meiner Fachhochschulreife begonnen und sich dann fast durch mein komplettes Studium gezogen.

Vor der Matheprüfung konnte ich schlecht bis gar nicht schlafen, was bei mir wegen der Aufregung aber normal war. Normalerweise legt sich meine Aufregung nach der Prüfung aber wieder und mein Schlaf wird besser. Diesmal war das nicht der Fall. Ich immer nur sehr wenig schlafen und war auch dementsprechend nicht sehr fit. 

Ein wichtiger Grund ist auch, dass ich mich bereits für mein Studium als Wirtschaftsingenieur beworben hatte. Dies löste in mir Ängste aus, den Ansprüchen des Studiums nicht zu genügen.

Vor dem Studium musste ein obligatorisches Praktikum von 10 Wochen in einem Industriebetrieb absolviert werden. Obwohl ich kaum schlafen konnte, startete ich dieses Praktikum. Nach der Hälfte des Praktikums war ich so kaputt, dass ich zum Arzt ging und sagte, dass ich nicht mehr kann. Ich wurde dann für die letzten 4 Wochen des Praktikums krank geschrieben.

Schlaflos im Studium

Es ist eigentlich absurd. Es löste schon Ängste in mir aus, dass ich das Studium im normalen Zustand schaffen soll. Jetzt fing ich es an mit etwa 3 Stunden Schlaf pro Nacht.

Nichtsdestotrotz gab ich mein Bestes. Mein natürlicher Biorhythmus unterstützte mich dabei. das meine Leistungsfähigkeit manchmal anstieg.

Irgendwie schaffte ich es, im Studium einigermaßen mitzuhalten. Und ich machte sogar mein Praxissemester bei Mercedes Benz LKW und ein Auslandssemester in Australien.

Doch es gab auch Zeiten, wo nichts mehr ging. Für ein Semester lies ich mich von einer Psychiaterin krank schreiben.

Meine Krankheitsgeschichte

Ich ging zu vielen Ärzten und Psychotherapeuten. Mir wurden Schlaftabletten, Antidepressiva und Neuroleptika verschrieben. Das führte wiederum dazu, dass ich mit Nebenwirkungen zu anderen Ärzten gehen musste, zum Beispiel wegen ständigem Wimpernzucken.

Während meines Krankheitssemesters hatte ich einen mehrwöchigen Aufenthalt in einer Psychosomatischen Klinik.

Teilweise konnte ich 3 Nächte am Stück gar nicht schlafen. Ich saß dann am Bett und weinte, weil ich unbedingt schlafen wollte. Oder ich mitten in der Nacht spazieren und hoffte, durch Bewegung und frische Luft müder zu werden.

Auch tat mir die Kälte sehr gut. Mein Kopf lief heiß ohne Schlaf und musste herunter gekühlt werden.

Mein Körper gab ständig Geräusche von sich. Ich hatte Angst, ich falle auseinander. Mein Immunsystem war total überfordert. Das zeigte sich vor allem an meinen Zähnen. Bei einem Zahnarztbesuch entdeckt dieser 8 Löcher.

In den Vorlesungen konnte ich mir kaum merken, was gesagt wurde. Ich musste alles zu Hause wiederholen.

Die Positiven Seiten

Trotz aller Schwere betrachte ich meine Schlaflosigkeit im Rückblick als etwas sehr Positives.

Während meines Krankheitssemesters war ich nach einer schlaflosen Nacht oft so kaputt, dass ich morgens nur auf einem Stuhl saß und keine Kraft hatte aufzustehen. Gegen 10 Uhr etwa hatte die Kurve meines Biorhythmus ihre Hochphase (siehe Grafik oben). Dann hatte ich die Kraft aufzustehen, herzumzulaufen und zu tanzen. Ich tanzte einfach, weil ich es konnte.

Ich hatte viel Zeit. So nähte ich beispielsweise eine Umkleidung für mein Bett oder ich las. Meine Mutter interessierte sich für Persönlichkeitsentwicklung. Ich interessierte mich bisher höchstens für Disney oder Asterix Comics. Generell lebte ich wenig bewusst. Ich machte mir keine Gedanken über den Sinn des Lebens oder warum ich hier bin.

Das änderte sich, als das erste Buch meiner Mutter über Persönlichkeitsentwicklung las. Es war: Das LOLA-Prinzip von Rene Egli.

Im Schlaflabor

Die Schlaflosigkeit war für mich wie ein Tunnel, der nicht enden wollte. Ich wusste nie, ob er überhaupt irgendwann endet.

Irgendwann wurde ich von einem Arzt ins Schlaflabor nach Marburg überwiesen. Dort verbrachte ich einige Nächte zur Untersuchung. Ich wurde verkabelt und mein Schlaf wurde gemessen.

Zu meiner Überraschung ergab die Messung der Sensoren eine längere Schlafdauer, wie es sich für mich angefühlt hatte.

Ich informierte mich auch im Internet über andere Menschen mit Schlafstörungen. Ich stellte fest, dass es vielen noch um einiges schlechter geht als mir. Auch fand ich Erfahrungsberichte, wonach Patienten mit ähnlicher Problematik viel höhere Dosierungen an Medikamenten bekamen. 

Das stimmte mich positiv und lies mich erahnen, dass es für mich ein Licht am Ende des Tunnels geben könnte

Schlafrestriktion

Was mir dann endlich half, aus der Schlaflosigkeit heraus zu kommen war Schlafrestriktion.

Das funktioniert folgendermaßen: Während des gesamten Tages darf man sich nie hinlegen. Man darf seinen Tag also nur im sitzen oder stehen verbringen. Lediglich in einem bestimmten Zeitfenster nachts darf man sich dann hinlegen. Nach einiger Zeit lernt der Körper, dass er sich den lebensnotwendigen Schlaf nur in dieser Zeit holen kann. Nach und nach schläft man in diesem Zeitfenster immer länger.

Erst habe ich es mit einem Zeitfenster von 7 und 5 Stunden versucht. Was beides aber nicht geklappt hat. 7 Stunden waren zu lang und bei 5 Stunden bin ich sogar im Sitzen eingeschlafen.

Erst der dritte Versuch mit 6 Stunden hat dann funktioniert. Nach und nach hat sich mein Körper in dieser Zeit immer mehr Schlaf geholt.

Der Schlaf wurde immer stabiler und ich konnte das Zeitfenster ausdehnen. Auf die Dauer ist es sehr anstrengend, jeden Tag 18 Stunden im Sitzen oder Stehen zu verbringen.

Als mein Schlaf besser wurde

In den ersten Wochen und Monaten nach der erfolgreichen Schlafrestriktion war mein Schlaf noch sehr instabil. Das heißt, dass ich noch nicht so gut schlief und alle paar Nächte fast gar nicht schlafen konnte. Aber ich hatte jetzt ein Werkzeug, das funktionierte.

Heute ist mein Schlaf immer noch weit davon entfernt, perfekt zu sein. Ich muss nachts mehrfach auf die Toilette und wache auch relativ früh auf. Trotzdem bin ich zufrieden und dankbar, überhaupt schlafen zu können.

Mehr zu mir könnt ihr unter “Über mich” lesen.

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